Verlauf – Das Stechen

Die zu piercende Körperstelle wird zunächst desinfiziert, um Infektionen zu vermeiden. Gegebenenfalls wird die Stelle zuvor von Haaren befreit. Der Ein- und Austrittspunkt des Stichkanals wird üblicherweise mit einem Stift markiert und mit einer Piercing-Zange fixiert. Diese weist am Kopf zwei ringförmige Klemmen auf, durch welche die Piercingnadel auf der markierten Stelle angesetzt und hindurchgeführt werden kann. In Europa werden Piercings meist mit einem peripheren Venenkatheter gestochen. Hierbei ist die Nadel durch einen Plastik- oder Teflonüberzug geschützt. Nachdem die Nadel durch die Haut gestochen wurde, wird sie entfernt. Lediglich der Überzug verbleibt in dem Stichkanal. Mit Hilfe dieses Überzuges wird der Schmuck durch den Stichkanal gezogen. Bei schwer zugänglichen und engen Stellen wird beim Durchstechen häufig zusätzlich eine Receiving Tube gegengehalten, um einen Gegendruck zu erzeugen und die Nadel abzufangen, bevor sie gegenüber dem Stichkanal liegendes Gewebe verletzen könnte.

In den USA zum Beispiel verwenden Piercer üblicherweise eine aus Chirurgenstahl gefertigte spezielle Piercingnadel mit einem Hohlraum. Der Schmuck wird hierbei direkt in die Nadel eingesetzt und anschließend beim Durchschieben in das Bindegewebe eingesetzt.

Bei Ohren-oder Nostril-Piercings wird außerhalb von Piercingstudios, beispielsweise bei Juwelieren,häufig die Ohrlochpistole angewendet. Von seriösen Piercern wird dieses Verfahren jedoch abgelehnt, da dabei die Gefahr besteht, dass das Gewebe einreißt oder an Knorpelstellen splittert. Außerdem ist die Pistole nicht vollständig sterilisierbar. Zudem sind die hierbei verwendeten Ohrstecker für den Ersteinsatz ungeeignet.

Eine weitere Methode ist der sogenannte Dermal Punch. Dabei werden Gewebeteile mit einer Hohlnadel bis zu einem Durchmesser von acht Millimetern heraus gestanzt. Dieses wird vor allem angewendet, um größeren Schmuck in Knorpelgewebe einsetzen zu können.  Weil hierbei Gewebe komplett entfernt und nicht verdrängt wird, heilen gepunchte Piercings besser, da der Schmuck weniger Druck ausübt.

Indigene Völker führen Piercings meist traditionell mit geeigneten Naturmaterialien, wie Dornen oder spitzen Tierknochen durch. Auf den Pazifik-Inseln werden beispielsweise die spitzen Enden der Süßkartoffel-Pflanze verwendet

 

Schmerzen beim Stechen

Oftmals geäußerte Bedenken betreffen die mit dem Stechvorgang einhergehenden Schmerzen.          Der Schmerzreiz beim Einstich der Kanüle  kann verschieden intensiv wahrgenommen werden. Unterschiedliche Piercings unterscheiden sich dabei nach dem Grad der Schmerzhaftigkeit beim Stechen.

Einfluss hierauf haben zum einen die Länge des Stichkanals und zum anderen die Art und die Schmerzempfindlichkeit des Gewebes, durch welches das Piercing verläuft. Piercings mit langem Stichkanal sind grundsätzlich schmerzhafter. Demnach schmerzt z.B. das Stechen eines Christina-Piercings weniger als das Stechen eines Nefertiti-Piercings,da der Piercer hierbei mit der Nadel einen längeren Weg zurücklegt und diese langsamer hindurchführt.

Wiederum gelten Knorpelgewebe,wie am Nasenflügel und knorpelhaltiges Mischgewebe, wie im Lippenbereich, in Bezug auf ein Piercing als relativ schmerzempfindlich. Daher sind beispielsweise Piercings durch den Ohrknorpel (wie Helix, Rook oder Tragus) schmerzhafter, als ein durch das Ohrläppchen verlaufendes Lobe-Piercing (,,klassisches“ Ohrloch).

Die Berührungsempfindlichkeit einer Körperstelle ist nicht zu verwechseln mit der Schmerzempfindlichkeit der selben Stelle. Das liegt an unterschiedlichen Nervenbahnen und Rezeptoren für die verschiedenen Reizarten. Normale taktile Reize an der Hautoberfläche (wie leichter Druck oder Streicheln) werden durch Mechanorezeptoren – insbesondere den Ruffini-Körperchen,den Vater-Pacini-Lamellenkörperchen und den Merkel-Zellen- registriert und auf korrespondierenden Neuronenbahnen zum Gehirn geleitet.

Der durch den Einstich der Nadel bedingte Schmerz wird hingegen von Nozizeptoren genannten Rezeptoren bedingt, welche auf die Gewebeverletzung reagieren und den Schmerz auf gesonderten neuronalen Wegen weiterleiten. Die beim Einstich entstehenden Schmerzen werden hauptsächlich durch A-Mechanonozizeptoren verursacht, deren Verteilung auf der Körperoberfläche relativ gleichmäßig ist. Dies erklärt, warum Piercings im Intimbereich, obwohl das Gewebe dort sehr berührungssensibel ist, allgemein nicht schmerzhafter empfunden werden müssen, als Piercings in anderen Körperbereichen.